»Es war sehr wichtig, vorsichtig zu arbeiten.«

  • Ausbeutung

    »Ausbeutung« beschreibt ein Verhältnis zwischen dem Menschen und der Natur oder zwischen Menschen.

    Der Mensch beutet die Natur aus, wenn er sie nutzt, ohne auf negative Folgen für die Natur zu achten und ohne sicherzustellen, dass sie sich von der Nutzung regenerieren kann. Ausbeutung unter Menschen findet statt, wenn ein Mensch den Anderen in Abhängigkeit nutzt um seine Interessen zu erfüllen und dabei die Arbeitskraft, das Geschick, oder das Wohlwollen des Anderen für sich in Anspruch nimmt, ohne dass der Andere frei entscheiden kann, unter welchen Bedingungen er dies zulässt. Ganz deutlich kann man solche Ausbeutung in der Sklaverei und in der Leibeigenschaft sehen.

    Karl Marx entwickelt einen Begriff von Ausbeutung, der auf den Kapitalismus zugeschnitten ist. Im Verhältnis zwischen EigentümerInnen an Produktionsmitteln – zum Beispiel einer Fabrikbesitzerin – und ArbeiterInnen besteht ein ungleiches Verhältnis: Die Firma erwirtschaftet durch die Arbeit der ArbeiterInnen mehr, als sie ihnen ausbezahlt und in die sonstigen Produktionskosten (Maschinen, Rohstoffe etc.) investieren muss. Auf diese Weise entsteht »Mehrwert« und davon abgeleitet Profit. Dass dieser Profit, den die ArbeiterInnen erwirtschaftet haben, ihnen nicht zur Verfügung steht, beschreibt Marx als Ausbeutung.

    Ausbeutung kann aber auch ganz unwissenschaftlich beobachtet werden, wenn Menschen für ihre Arbeit nicht gerecht entlohnt werden, oder menschenunwürdigen Arbeitsverhältnissen und -bedingungen ausgesetzt sind.

  • Leonard Nelson

    Leonard Nelson war außerordentlicher Professor für Philosophie an der Universität Göttingen und Gründer des Internationalen Jugendbundes (IJB) und des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK).

    Nelson wurde 1882 in Berlin geboren und wuchs in einem liberalen großbürgerlichen Elternhaus auf. Sein Studium der Philosophie, das er in Heidelberg, Berlin und Göttingen absolvierte, schloss er mit einer Dissertation über die Philosophie von Jakob Friedrich Fries ab. 1919 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt.

    Bereits in der Studienzeit engagierte sich Nelson politisch, denn Philosophie und Praxis bildeten in seinem Denken eine Einheit. Dieses politische Engagement setzte er zeit seines Lebens fort und verband es mit dem von ihm weiterentwickelten Konzept eines ethisch begründeten Sozialismus. Die Gründung des IJB und ISK sowie die Eröffnung des Landeserziehungsheims Walkemühle sind beispielhaft für diese Verbindung von Theorie und Praxis. Die politische und pädagogische Arbeit Nelsons wurde auch nach seinem Tod 1927 fortgesetzt, die Widerstandsarbeit des ISK gegen den Nationalsozialismus ist dabei mit Sicherheit eines der wichtigsten Beispiele.

    Literatur:

    • Paul Bernays, Willi Eichler, Arnold Gysin, Gustav Heckmann, Grete Henry-Hermann, Fritz von Hippel, Stephan Körner, Werner Kroebel, Gerhard Weisser (Hrsg.): Nelson, Leonard: Gesammelte Schriften.  Felix Meiner Verlag, Hamburg 1970-1977
    • Philosophisch-Politische Akademie
    • Der Nachlass von Leonard Nelson wird von der Friedrich-Ebert-Stiftung verwaltet und ist in Teilen online öffentlich zugänglich. Hier finden sich auch ausführliche biografische Informationen.
  • Ethischer Sozialismus

    Die Idee des ethischen Sozialismus stellt eine neukantianische Konzeption des Sozialismus dar, in welcher der Mensch als Selbstzweck gilt. Zwischen den 1870er und 1920er Jahren entwickelt, fand diese theoretische Strömung auch Anklang in der europäischen ArbeiterInnenbewegung. Leonard Nelson, der Begründer des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes, entwickelte die Theorie des ethischen Sozialismus weiter.

    Literatur:

  • Internationaler Sozialistischer Kampfbund (ISK)

    Der Internationale Sozialistische Kampfbund wurde 1925 von dem Göttinger Philosophen Leonard Nelson als Partei gegründet, nachdem die Mitglieder der Vorgängerorganisation des ISK, dem Internationalen Sozialistischen Jugendbund, aus der SPD und der KPD ausgeschlossen worden waren. Der ISK verstand sich als Kaderorganisation, die die Führungspersönlichkeiten für eine neue sozialistische Gesellschaft ausbilden sollte. Dementsprechend war der ISK nicht darauf aus, möglichst groß zu werden, sondern stellte im Gegensatz hohe Anforderungen an eine Mitgliedschaft. Dazu gehörten der Verzicht auf Alkohol und Nikotin, strenger Vegetarismus und der Austritt aus der Kirche. Zudem wurde eine hohe Disziplin in der politischen Arbeit erwartet.

    Leonard Nelson und der ISK sahen bereits früh, welche Gefahren von den Nazis ausgehen. Aus diesem Grund veröffentlichten sie 1932 einen »Dringenden Appell«, in dem sie alle linken Parteien aufriefen, gemeinsam eine einheitliche Front gegen die Nazis zu bilden. Dieser Aufruf, der von bekannten Persönlichkeiten wie Albert Einstein und Erich Kästner unterschrieben wurde, fand bei den anderen Parteien jedoch nicht den erhofften Anklang.

    Der ISK löste sich dementsprechend bereits in den Jahren 1932-33 auf und bereitete sich auf die Arbeit in der Illegalität vor. Alle Mitgliedschaftslisten und Parteibücher wurden vernichtet, um sich so dem unmittelbaren Zugriff der Nazis zu entziehen. Es wurden eine Auslandszentrale in Paris und verschiedene lokale Widerstandszellen gegründet. 1934 wurden in einem Flugblatt mit dem Titel »Willst du gesund bleiben« Verhaltensregeln und Vorsichtsmaßnahmen für die illegale Arbeit verbreitet, die vor Verfolgung schützen sollten. In den Jahren 1933-1945 bildete der ISK eine kleine, aber effektiv arbeitende Widerstandsgruppe und umfasste ca. 300 Mitglieder. Die Mitglieder erstellten und verbreiteten Propagandamaterial gegen die Nazis, halfen gefährdeten Personen bei der Flucht oder beim Untertauchen und gaben verschlüsselte Informationen ins Ausland weiter. Finanziert wurde diese Widerstandsarbeit unter anderem über vegetarische Restaurants, die von ISKlern betrieben wurden. Der ISK zeichnete sich in seiner illegalen Arbeit dadurch aus, dass er nach strengen Vorsichtsmaßnahmen arbeitete. Trotzdem mussten viele ISK-Mitglieder ins Exil fliehen, oder wurden von den Nazis verhaftet, gefoltert und ermordet.

    »Der ISK war keine Massenorganisation und konnte auch keine werden. Er stellte sehr hohe Anforderungen an seine Mitglieder, da er sich als strikte Kampforganisation verstand. Beispielweise war das Rauchen verboten, da Nikotinabhängigkeit während einer politischen Gefangenschaft eine vom Gegner ausnutzbare Blöße darstellte. Die Organisation war streng konspirativ, man kannte nur die Namen derjenigen, mit denen man direkt zusammenarbeitete. Wir hatten Verbindungen zu den Leuten des 20. Juli 1944, zu Sozialdemokraten, Kommunisten und vielen illegalen Gruppen. Die Verbindung lief aber immer nur über einzelne. Wir dachten auch an ernsthaften bewaffneten Widerstand.«

    Irmgard Heydorn: Der tägliche Mut. Frankfurt, S. 17

    Quellen:

    • Seitens der Friedrich-Ebert-Stiftung wurden sämtliche verfügbaren Publikationen des ISK online zugänglich gemacht
    • Die Friedrich-Ebert-Stiftung bietet zudem ausführliche Informationen über den ISK
    • Den Widerstand des ISK beschreibt ein Band, in dem auch Irmgard Heydorn einen Beitrag veröffentlicht hat: Sabine Lemke-Müller (Hg.): Ethik des Widerstands. Der Kampf des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) gegen den Nationalsozialismus. Erschienen im Dietz-Verlag.

Kapitel 3: Widerstand

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  2. WAuftakt
    Auftakt
  3. W1
    Ich war gegen die Nazis
  4. W2
    Vorsichtige Arbeit
  5. W3
    Widerstand gegen Hitler
  6. W4
    Wissen um die Verbrechen
  7. W5
    Deporta­tionen
  8. W6
    Hoffnung auf Umsturz
  9. W7
    Sabotage
  10. W8
    Schöne Momente?
  11. W9
    Widerstand der Eltern
  12. W10
    Wissen um den Widerstand
  13. W11
    Ent­scheidung
  14. W12
    Eine normale Jugend?
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