»Mein Mann und ich waren für den Prager Frühling.«

  • Heinz-Joachim Heydorn

    Heinz-Joachim Heydorn wurde 1916 in Hamburg geboren und wuchs in einem bürgerlich-liberalen Elternhaus auf. Mit der Machtübernahme der Nazis trat Heydorn 1933 der Bekennenden Kirche bei und leistete illegale politische Arbeit. Nach der Schulzeit studierte er in Hamburg Philosophie, Sinologie und Englisch und trat 1938 für ein Jahr eine Stelle als Deutschlehrer in Wales an. Als sein Vater 1939 schwer erkrankte, reiste er zurück nach Deutschland und wurde bei Kriegsbeginn zum Kriegsdienst eingezogen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er auch mit dem politischen Exil in Paris zusammen gearbeitet und an in Deutschland verbotenen Zeitschriften mitgewirkt. Während seiner Zeit bei der Wehrmacht gelang es Heydorn trotz verschiedener Versuche seiner Vorgesetzten, ihn zum Offizier zu machen, einfacher Soldat zu bleiben. 1944 desertierte er an der Westfront in Frankreich und wurde von einem Kriegsgericht in Deutschland in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Diese Verurteilung gab Heydorn nach 1945 auch im Scherz an, wenn er nach seinen militärischen Auszeichnungen gefragt wurde. Die Zeit bis zur Rückeroberung Frankreichs durch die Alliierten verbrachte er versteckt und arbeitete mit der Résistance zusammen. Er ging sodann in alliierte Kriegsgefangenenschaft, aus der er 1945 wieder entlassen wurde.

    Zurück in Hamburg trat er der SPD bei und gründete 1946 gemeinsam mit Irmgard Heydorn den SDS, dessen Vorsitzender er im gleichen Jahr wurde. Irmgard Heydorn, damals noch Irmgard Hose, und er lernten sich im Umfeld des ehemaligen ISK kennen und heirateten 1951. 1961 erhielt Heinz-Joachim Heydorn einen Ruf als Professor für Erziehung an die Goethe-Universität Frankfurt. Im gleichen Jahr wurden er und Irmgard Heydorn aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Förderverein des SDS aus der SPD ausgeschlossen. Bis zu seinem plötzlichen Tod im Dezember 1974 engagierte sich Heinz-Joachim Heydorn politisch: in der Universität und Pädagogik, für die Studierendenbewegung, gegen die Remilitarisierung Deutschlands und gegen eine Amnestie für NS-Verbrechen. Die gesammelten Werke Heydorns sind in einer neunbändigen Studienausgabe im Verlag Büchse der Pandora erschienen.

    Weitere Informationen:

    Einführung in Leben und Werk Heinz-Joachim Heydorns:

    Eine Studienausgabe der Werke Heinz-Joachim Heydorns ist im Verlag Büchse der Pandorra erschienen.

    Von Heinz-Joachim Heydorn sind zudem einige Audiovorträge online verfügbar.

    Der Nachlass Heinz-Joachim Heydorns wird von der Universität Frankfurt verwaltet und ist dort einsehbar.

  • Prager Frühling

    Die Kommunistische Partei der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik stieß 1968 ein Reformprogramm an, das, wie es ihr damaliger Erster Sekretär Alexander Dubcˇek formulierte, einen »Sozialismus mit menschlichem Antlitz« zum Ziel hatte. Dazu gehörte die Einführung von Elementen der Marktwirtschaft, verschiedenen individuellen Freiheiten, wie Versammlungs- oder Redefreiheit sowie die Aufhebung von Verboten von Parteien und Vereinigungen. Ebenfalls geplant war die Föderalisierung des Staates in eine tschechische und eine slowakische Republik. Diese Reformbestreben lösten einen großen öffentlichen Diskurs aus und wurden von einem Großteil der Bevölkerung unterstützt.

    Die anderen Staaten des Warschauer Paktes, also die Sowjetunion, Bulgarien, Ungarn, Polen und die DDR, sahen in den Reformen in der Tschechoslowakei eine Gefahr für den »Sozialismus« in den Nachbarstaaten. In der Nacht vom 20. auf den 21. August 1968 marschierten aus diesem Grund Truppen dieser Staaten in die Tschechoslowakei ein. Zwar wurde dieser Einmarsch seitens der tschechoslowakischen Regierung verurteilt, es gab jedoch keine militärische Gegenwehr. Bei Demonstrationen gegen den Einmarsch wurden knapp 100 Menschen erschossen. Die eingeführte Presse- und Versammlungsfreiheit wurde rückgängig gemacht.

    Quelle und weitere Informationen:

    Bundeszentrale für politische Bildung

Kapitel 9: Politisches Engagement

  1. Vorheriges Kapitel
  2. PE1
    Politisch sein
  3. PE2
    Sozialistin sein
  4. PE3
    Prager Frühling
  5. PE4
    Die ‘68er-Bewegung
  6. PE5
    Man hat immer die Wahl