Berthold Simonsohn

Berthold Simonsohn wurde am 24. April 1912 in Bernburg geboren. 1934 schloss er sein Studium der Rechtswissenschaften mit der Promotion ab – die Staatsprüfung war ihm aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung in Deutschland verwehrt worden. Von 1938 bis 1942 arbeitete er für die »Reichsvereinigung der Juden in Deutschland«. Bereits in dieser Zeit war er der Verfolgung durch die Nazis ausgesetzt. So wurde er im November 1938 im KZ Sachsenhausen interniert, 1942 folgte die Deportation nach Theresienstadt. Auch in Theresienstadt übte er weiter legale und illegale Tätigkeiten aus: er war stellvertretender Leiter der Jugendfürsorge, gab eine illegale Zeitung des »Arbeitskreis jüdisch-nationaler Kommunisten« heraus und hielt Vorträge. Bei einem dieser Vorträge lernte er auch Trude Simonsohn kennen. Sie heirateten auf rituelle Weise noch in Theresienstadt, bevor sie am 19. Oktober 1944 gemeinsam nach Auschwitz deportiert wurden.

Von Auschwitz kam Berthold Simonsohn wenige Tage später in das KZ Kaufering bei Augsburg, eine Außenstelle des KZ Dachau, wo er bis Ende April 1945 interniert blieb.

Nach der Befreiung ging er gemeinsam mit Trude Simonsohn in die Schweiz, wo er Soziologie, Sozialphilosophie und Ökonomie studierte. In den 50er-Jahren zogen die Simonsohns gemeinsam nach Hamburg, wo Berthold Simonsohn die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland wieder mit aufbaute. 1969 ernannte ihn die Universität Frankfurt zum Professor für Sozialpädagogik und Jugendrecht. Als Jurist und als Geschäftsführer der Zentralwohlfahrtsstelle setzte er sich für die Zahlung von »Wiedergutmachungsleistungen« für die Verfolgten des Nationalsozialismus ein.

Berthold Simonsohn starb am 8. Januar 1978 in Frankfurt am Main.

Literatur:

  • Eine ausführliche Biografie Berthold Simonsohns ist im Campus-Verlag erschienen: Wilma Aden-Grossmann: Berthold Simonsohn. Biographie des jüdischen Sozialpädagogen und Juristen (1912-1978)
  • Ebenfalls von Wilma Aden-Grossmann herausgegeben, sind im Campus-Verlag ausgewählte Schriften Berthold Simonsohns erschienen: Berthold Simonsohn – Ausgewählte Schriften 1934 – 1977.
  • Micha Brumlik und Benjamin Ortmeyer haben verschiedene Vorträge zum 100. Geburtstag Berthold Simonsohns herausgegeben, erschienen im Verlag Protagoras Academicus: 100 Jahre Berthold Simonsohn. Dokumentation der Festveranstaltung an der Goethe-Universität Frankfurt/Main anlässlich des 100. Geburtstags von Berthold Simonsohn.
  • In ihrer Autobiografie schreibt Trude Simonsohn ausführlich über ihren Mann. Trude Simonsohn: Noch ein Glück. Erinnerungen. Erschienen im Wallstein-­Verlag.

»Manches konnte mir Bertl nicht erzählen, damals in Theresienstadt, aber er hat mir alles erzähl, was er verantworten konnte. Ich wollte ja alles über ihn wissen. So erfuhr ich: Bertl kam aus Bernburg an der Saale. Dort hatte er Abitur gemacht und dann in Leipzig und Halle Jura studiert. 1933 war er als Jude vom Staatsexamen ausgeschlossen worden. Im selben Jahr wurde er von der Gestapo verhaftet. Der Verdacht gegen ihn: Landesverrat. Bertl und sein Bruder Carl haben von Anfang an im politischen Widerstand gegen Hitler gearbeitet. Sie konnten Bertl nichts nachweisen, so wurde er nach kurzer Zeit wieder freigelassen. 1934 hat er dann doch noch einen Abschluss machen können. Als letzter Jude konnte er an der Universität Halle noch promovieren. Seine Dissertation hat er pikanterweise über den Hochverrat in der modernen Rechtsgeschichte geschrieben. Promovieren konnte Bertl noch, als Jurist tätig sein durfte er nicht mehr. Aber seine juristischen Kenntnisse waren sehr nützlich für die jüdische Wohlfahrtspflege in Stettin, für die er gearbeitet hat, bis er beim Novemberpogrom 1938 gemeinsam mit vielen anderen jüdischen Männern aus Stettin ins KZ Sachsenhausen verschleppt worden ist. Bei seiner Entlassung erhielt Bertl die Auflage, Deutschland so rasch wie möglich zu verlassen. Aber er ist dann doch in Deutschland geblieben und hat in Hamburg als Geschäftsführer der Bezirksstelle Nordwestdeutschland der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland gearbeitet. Von Hamburg aus ist er mit seiner Mutter und seiner Schwester Ilse im Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert worden. Bertls Vater, Alfred Simonsohn, ist schon 1936 in Bernburg gestorben. Im selben Jahr ist Bertls Bruder Carl mit seiner Frau nach Palästina emigriert. In Theresienstadt haben wir uns unser ganzes Leben davor erzählt, Bertl und ich. Wir hatten sehr viel miteinander zu besprechen. Dabei hatten wir eigentlich nicht viel Zeit. Wir waren beide sehr engagiert in unserer Arbeit. Bertl arbeitete in der Fürsorge. Vom Januar 1944 bis zu unserer Deportation im Oktober war er deutscher Stellvertreter von Gonda Redlich in der Jugendfürsorge. Bertl hatte seine Mutter und seine Schwester in Theresienstadt, ich meine Mutter. Und unsere Freunde aus der deutschen und der tschechischen Jugendbewegung, die sich nicht immer grün gewesen sind, waren ja auch noch da. Aber wir haben uns trotzdem getroffen, Bertl und ich.«